Biodanza und Somatic Experiencing
Die Heilkraft des Tanzes in der Traumabearbeitung
Autorin:
Christa Katharina Holzinger
Diplom-Pädagogin, Fachberaterin für Psychotraumatologie,
Somatic Experiencing Practitionar, Biodanza-Ausbildung in Mexico und Deutschland
Leseprobe aus der LACHESIS Nr. 42
mit dem Thema: "Ressourcenorientierte Traumatherapie"
Traumatische Ereignisse führen beim Menschen oft zu einer nachhaltigen Erschütterung seines Welt- und Selbstverständnisses. Diese Erschütterung kann mehr oder weniger umfassend sein. Es kann zu einer Haltung von generalisierter Hilflosigkeit kommen, bis hin zu einer Stimmung der allgemeinen Hoffnungslosigkeit und Depression. („Es hat keinen Zweck, ich schaffe es sowieso nicht.“)
Damit Heilung in Gang kommen kann ist es zentral, Zugang zur eigenen Vitalität und Lebensfreude zu finden sowie Selbstvertrauen und Mut fassen zu können, das eigene Leben wirksam gestalten zu können.
Gerade hier kann der Tanz mit seiner Heil- und Ausdruckskraft eine wichtige Ressource darstellen, die hilft, wieder in Verbindung mit sich, mit anderen Menschen und dem Leben selbst zu kommen.,...,
Somatic Experiencing gilt inzwischen als eine der wichtigsten und weltweit verbreitetsten Methode zur Behandlung von traumatischen Störungen.
Peter Levine, der Begründer von SE hat als erster die Zusammenhänge zwischen Traumaheilung und Stammhirnaktivitäten nachgewiesen und die während eines bedrohlichen Ereignisses ablaufenden Reaktionen in Körper und Nervensystem in den Mittelpunkt gerückt.
Seine Forschungen belegen, dass ein Trauma in erster Linie physiologischer Natur ist, d.h. ursprünglich unseren Körper und unsere Instinkte betrifft und vorrangig im Gehirnstamm gespeichert ist und nicht in den rationalen und emotionalen Teilen unseres Gehirns. „Und erst im Anschluss daran breiten sich seine Auswirkungen auch auf unser Denken, unsere Emotionen und unsere Seele aus.“
Die Physiologie des Traumas
Sein Modell beruht auf Verhaltungsbeobachtungen von Tieren, die in Freiheit oft lebensgefährlichen Situationen ausgesetzt sind, in der Regel aber nicht traumatisiert werden. Sie verfügen über biologische Reaktionen, die es erlauben, die im Überlebenskampf mobilisierte Energie wieder abzubauen.,...,
Levine geht davon aus, dass diese Restenergie, die in der Muskulatur und in anderen Geweben gehalten wird, wesentliche Ursache der Traumasymptome ist.
Dies wird auch durch die Aussage vieler Klienten bestätigt, die berichten, dass ihnen durch eine Gesprächstherapie zwar viel bewusst geworden ist, aber ihre Symptome sich kaum oder gar nicht verändert haben.
Bei der Bearbeitung von traumatischen Ereignissen ist es deshalb wichtig, die körperlichen Reaktionen zu verstehen und dementsprechend zu berücksichtigen. Gelingt es, die biologischen Prozesse zu vervollständigen, ermöglicht dies den Betroffenen wieder Zugang zu finden zu ihren angeborenen lebenswichtigen Reaktionsmöglichkeiten und Gefühle von Lähmung und Erstarrung können aufgelöst und Lebendigkeit und Lebensfreude wieder stärker erlebt werden.
Der Körper ist immer dabei
Die dargestellten Ausführungen belegen die Notwendigkeit, für eine erfolgreiche Traumatherapie den Körper als Ort der Traumatisierung mit einzubeziehen.
Wie bereits beschrieben, betrifft ein Trauma den Gehirnstamm. Es kann weder über Emotion noch über Kognition ausreichend bearbeitet werden. Hier ist das ganzheitliche innere Empfindungsbewusstsein zentral, welches ein achtsames Wahrnehmen und Erleben des Körpers bedeutet.
„Durch den Kontakt zu unseren Körperempfindungen können wir uns aus der Fixierung, die ein Trauma bedeutet, herausbewegen und wieder in eine fließende Bewegung von uns selbst gelangen. Diese Transformation befreit uns letztlich von den Fesseln eines Traumas.“
Es geht also um einen behutsamen Prozess, den Körper zu „beleben“, indem man die Empfindungen achtsam beobachtet und ihnen nachspürt. Es ist ein Prozess der Achtsamkeit gegenüber der Art und Weise, wie wir uns selbst erleben.
Darüber hinaus ist es wesentlich, dass für die jeweilige Person leicht verfügbare Ressourcen aufgebaut bzw. vertieft werden, wie z.B. Erleben der Natur, Umgang mit Haustieren, sportliche Aktivitäten oder kreative Beschäftigungen. Dies dient der Stabilisierung und aktiviert das Selbstheilungspotential des Körpers.
Auf dieser Grundlage wird ersichtlich, warum in der Traumatherapie folgende Ziele maßgeblich sind: Entwicklung bzw. Vertiefung eines ganzheitlichen inneren Empfindungsbewusstseins (felt-sense), Stärkung von Vitalität, Lebensfreude und Selbstvertrauen.
(...)
Biodanza ist eine ganzheitliche Methode zur Entwicklung der menschlichen Potentiale und der Stärkung der Identität durch den gezielten Einsatz von Musik, Tanz und Begegnungen in der Gruppe.
Biodanza ist ein komplexes System von Übungen, das heute weltweit im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, der gesundheitlichen Prävention und in der pädagogisch/therapeutischen Arbeit angewandt wird.
Biodanza ist nicht spezifisch für die Traumatherapie entwickelt worden. Das System enthält aber wichtige Elemente, die sehr wirksam in der Arbeit mit traumatisierten Menschen eingesetzt werden können.
Lust und Freude als Heilungsimpulse
Eine der spezifischen Stärken von Biodanza liegt darin, intensive Empfindungen des Lebendig-Seins hervorzurufen, was Gefühle von Lust, Freude und Kraft weckt.
Über die Bewegung wird z.B. das eigene Innere ausgedrückt. Damit ist es möglich, wieder mehr in Kontakt zu kommen mit den bewussten und unbewussten Anteilen der Persönlichkeit. Körper und Seele können zu einem lebendigen Ganzen integriert werden. (...)
(Ende der Leseprobe)
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